Strategic Foresight und KI – die neuen Spielregeln für langfristige Unternehmensstrategien (3/3)

Teil 3: Strategic Foresight als Führungsdisziplin – Warum KI-gestützte Zukunftskompetenz über den Unternehmenserfolg entscheidet

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit entsteht nicht zufällig – sie ist das Ergebnis einer weitsichtigen, aktiven Gestaltungsleistung des Managements. Strategic Foresight – das vorausschauende Erkennen von Chancen und Risiken – etabliert sich zunehmend als zentrale Führungsaufgabe, vergleichbar mit Finanzen oder Vertrieb. Im dritten Teil dieser Serie betrachten wir, wie KI diese Zukunftskompetenz zum entscheidenden Erfolgsfaktor macht. Außerdem gehen wir auf die Spannung zwischen Tagesgeschäft und Langfriststrategie ein, zeigen aktuelle Umfragen zur KI-Nutzung im Foresight-Kontext und geben konkrete Empfehlungen für Entscheider:innen.

KI als Hebel für langfristige Wettbewerbsfähigkeit

Unternehmen, die frühzeitig auf kommende Veränderungen reagieren oder diese gar antizipieren, haben erwiesenermaßen einen Vorteil. Sei es neue Technologien, veränderte Kundenerwartungen oder Regulierungen – wer vorbereitet ist, kann schneller und gezielter handeln, während andere noch reagieren. KI erweitert nun das Toolkit der strategischen Planung enorm: Sie kann Trendbrüche früher erkennbar machen, Schwache Signale aus der Umwelt aufspüren und so die Vorwarnzeit für Unternehmen verlängern.

Stellen wir uns KI-gestützte Foresight wie ein Radar vor, das 360° rund um das Unternehmen kontinuierlich Ausschau hält. Dieses Radar verarbeitet Datenmengen, vor denen menschliche Analysten kapitulieren müssten: wissenschaftliche Publikationen, Start-up-Gründungen, Social-Media-Trends, Patentlandschaften, Marktpreise, Klimadaten u.v.m. Mustererkennung und prädiktive Analytik der KI können in diesem Wust sinnvolle Muster und Korrelationen identifizieren, die auf kommende Entwicklungen hinweisen. Natürlich liefert das Radar keine Gewissheiten – aber frühzeitige Indikatoren, wohin die Reise gehen könnte.

Ein Praxisbeispiel: Boardrooms setzen vermehrt auf „Augmented Strategy Meetings“, in denen KI-Systeme eingesetzt werden, um Disukussionen zu strategischen Fragen quasi live mit zusätzlichen Informationen zu versorgen. Wenn etwa diskutiert wird, ob ein Einstieg in Markt X sinnvoll ist, kann die KI in Minuten aktuelle Marktdaten, Projektionsmodelle und Szenarioanalysen zuliefern, die früher deutlich mehr Zeit für Research erfordert hätten. So fließt mehr empirische Zukunftsinformation ins Top-Management-Entscheidungsfeld ein. Das Ergebnis sind robustere Entscheidungen: Man trifft sie auf Basis vielfältiger Annahmen über die Zukunft, nicht aus dem Bauch heraus oder rein basierend auf Vergangenheitsdaten. Noch sind wir nicht an dem Punkt, dass strategische Entscheider:innen den ad hoc zugelieferten Informationen blind vertrauen können. Dennoch ist der Mehrwert für entsprechende Grunden enorm.

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit hängt zudem davon ab, ob ein Unternehmen sich kontinuierlich neu erfinden kann (Strategic Agility). KI-gestützte Foresight fördert genau das, indem es Denkraum für strategische Optionen schafft. Ein KI-System könnte beispielsweise früh signalisieren: „In 5 Jahren könnten günstige KI-Bots eure bisherige Kundenbetreuung überflüssig machen.“ Diese Erkenntnis ermöglicht es der Führung, proaktiv neue Wertangebote zu entwickeln – z. B. personalisierte Beratung als Premium-Service – bevor der Umbruch da ist. Ohne solches Foresight-Radar würde man vielleicht erst reagieren, wenn die Kündigungswelle der Kunden schon läuft.

Man kann zugespitzt sagen: KI macht aus strategischer Planung einen kontinuierlichen Beta-Prozess. Anstatt starre Fünf-Jahres-Pläne zu verfolgen, nimmt man Strategie als etwas Dynamisches wahr, das sich ständig an veränderte Zukunftsannahmen anpasst. Unternehmen mit dieser Fähigkeit – also einem „fühlenden“ strategischen Nervensystem – werden langfristig erfolgreicher sein als jene, die nur auf Quartalsergebnisse schielen. Letztere mögen kurzfristig glänzen, aber laufen Gefahr, von einem plötzlichen Trendbruch kalt erwischt zu werden.

Kurzfrist vs. Langfrist – Überbrückt KI den Graben?

In nahezu jedem großen Unternehmen existiert ein Spannungsfeld zwischen dem Tagesgeschäft (Quartalsziele, operative Exzellenz, unmittelbare Problembehebung) und der Langfristperspektive (Vision, Zukunftsinvestitionen, Emerging Risks). Häufig dominiert das Dringliche das Wichtige: Management-Aufmerksamkeit fließt in aktuelle Zahlen, während Zukunftsprojekte auf „später“ verschoben werden. Diese Dynamik ist menschlich verständlich – aber sie kann fatal sein, wenn disruptive Veränderungen anklopfen.

KI allein wird dieses Dilemma nicht auflösen, aber sie kann helfen, die Kluft zu verringern. Erstens, Automatisierung und Effizienzgewinne durch KI im Tagesgeschäft können Zeit und Ressourcen freisetzen, die für strategische Arbeiten genutzt werden könnten. Beispielsweise kann eine KI Routine-Reports oder erste Marktanalysen erledigen, so dass Manager ein paar Stunden mehr pro Woche haben, um sich mit Zukunftsfragen zu beschäftigen. Vorausgesetzt natürlich, das Top-Management nutzt die frei werdende Zeit auch dafür – was wiederum kulturelle Prioritätensetzung erfordert (dazu später mehr).

Zweitens kann KI Langfristthemen greifbarer machen und so ihre Relevanz fürs Heute erhöhen. Oft werden Zukunftsrisiken ignoriert, weil sie abstrakt erscheinen („Klimawandel betrifft uns doch erst in 10 Jahren“). Wenn KI aber konkrete Simulationen liefert – z. B. „Ein 2-Grad-Temperaturanstieg kostet Ihre Lieferkette ab 2030 jährlich 50 Mio. € mehr“ – dann erhalten diese Themen plötzlich CFO-Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. Visualisierungen, Daten und Szenario-Rechnungen aus KI-Systemen können somit als Übersetzer dienen, die das Langfristige ins Entscheidungsrelevante übersetzen.

Drittens könnte KI die Integration von Strategie und Umsetzung fördern. In vielen Firmen wird eine Strategie beschlossen, aber im operativen Alltag verliert man sie aus den Augen. KI-gestützte Management-Systeme könnten künftig als eine Art strategisches GPS fungieren: Sie überwachen kontinuierlich, ob das Unternehmen sich auf die angepeilte Zukunft zubewegt oder ob Abweichungen auftreten. Beispielsweise meldet das System: „Zukunftsindikator XY hat sich verändert, unsere ursprüngliche Strategieannahme dazu war falsch, passt die Strategie an!“ So fließen langfristige Erkenntnisse direkt wieder ins Tagesgeschäft-Entscheiden ein.

Trotz dieser Potenziale darf man nicht blauäugig sein: Der „Innovator’s Dilemma“ – also die Schwierigkeit, lukrative Gegenwartsmodelle zugunsten zukünftiger Möglichkeiten zu kannibalisieren – bleibt bestehen. KI kann Hinweise geben („Euer Kerngeschäft wird in 5 Jahren vermutlich obsolet“), aber die mutigen Entscheidungen (z. B. rechtzeitig neue Geschäftszweige aufzubauen, Budgets umzuschichten, sich vielleicht selbst neu zu erfinden) müssen Menschen treffen. Und hier kommen wir wieder zur Führungsaufgabe: Strategic Foresight als Leadership-Disziplin bedeutet, aktiv diesen Balanceakt zu managen – also Raum für Langfristiges zu schaffen, auch wenn das Tagesgeschäft drückt. KI kann dabei ein Verbündeter sein, der Wichtiges hochspült und operativen Ballast abfedert. Aber ohne den Willen des Managements, langfristige Ziele über Quartalslogik zu stellen, nützt das beste KI-System wenig.

Wie ausgeprägt diese Spannung ist, variiert stark. Einige CEOs sind berüchtigt dafür, fast nur auf die nächste Bilanz zu schauen; andere (man denke an visionäre Gründerpersönlichkeiten) fokussieren extrem auf 5-10-Jahres-Perspektiven. Die Kunst wird darin liegen, beides zu vereinen: KI könnte hier den Spagat erleichtern, indem sie kurzfristige Maßnahmen kontinuierlich auf langfristige Ziele abgleicht. So etwas wie ein „Strategy Score“ in Echtzeit wäre denkbar, der dem Management zeigt: Wenn wir so weitermachen, liegen wir bei unserer Vision 2030 zu X % im Plan. Unterschreitet der Score einen Schwellwert, ist das Alarm und man muss gegensteuern.

Insgesamt ist die Botschaft: KI-gestützte Foresight schafft Transparenz über langfristige Auswirkungen des heutigen Handelns. Damit entzaubert sie ein Stück weit die Zukunft – von der ungewissen Fata Morgana zum zumindest bedingt kalkulierbaren Terrain. Das macht es Führungskräften leichter, dem Langfristigen heute Gewicht zu geben. Allerdings bleibt es ihre Aufgabe, diese Erkenntnisse auch gegen Widerstände im Tagesgeschäft zu verteidigen. Hier schlägt die Stunde der strategischen Leader.

Stand der Dinge: Nutzen Unternehmen KI schon für Foresight?

Theorie und Vision sind das eine – die Realität in den Unternehmen oft das andere. Deshalb lohnt ein Blick auf aktuelle Studien und Umfragen, die ein Gefühl dafür geben, wo wir in Sachen KI-Integration in strategische Planung stehen.

Immer mehr Unternehmen experimentieren mit Künstlicher Intelligenz in strategischen Planungsprozessen – doch die Entwicklung steckt noch in den Anfängen. Repräsentative Zahlen zeigen einen starken Aufwärtstrend: Laut Bitkom befassen sich 2024 erstmals 57 % der deutschen Unternehmen mit KI, und jedes fünfte Unternehmen (20 %) setzt KI bereits konkret ein (gegenüber 15 % im Vorjahr). Andere aktuelle Erhebungen kommen teils sogar auf höhere Werte: Eine AWS-Studie ermittelte, dass 2025 schon 53 % der deutschen Firmen KI nutzen (2023: 36 %) Global liegt die Quote ebenfalls hoch – einer MIT/BCG-Studie zufolge haben rund 70 % der Unternehmen weltweit KI mindestens in Pilotprojekten im Einsatz, über die Hälfte testet speziell generative KI-Tools. Generative KI wird somit zum Beschleuniger: Knapp 69 % der deutschen Unternehmen haben laut einer kmpg Erhebung 2025 bereits eine Strategie für generative KI formuliert (Vorjahr: 31 %). Allerdings ist der produktive Einsatz generativer Modelle bislang noch zurückhaltend – laut Bitkom nutzen erst 9 % der Unternehmen Tools wie ChatGPT & Co. aktiv, während 18 % dies erst planen.

In der Praxis bleibt KI im Foresight-Bereich vorerst Pionierarbeit. Zwar setzen immer mehr Firmen KI für Trendanalyse, Szenarioplanung oder „Horizon Scanning“ ein, doch nur eine Minderheit hat solche Anwendungen schon fest verankert. Die oben bereits erwähnten MIT Sloan/BCG-Studie (2024) konstatiert, dass lediglich 15 % der Unternehmen KI tatsächlich in ihre organisationalen Lern- und Vorausschau-Prozesse integriert haben. Diese Vorreiter – von den Autoren treffend “Augmented Learners” genannt – können Unsicherheiten deutlich besser managen, während die Mehrheit noch am Anfang steht. In vielen Firmen beschränkt sich KI-Nutzung derzeit auf operative Bereiche wie Marketing, Kundenservice oder Produktion. Die strategische Vorausschau profitiert erst vereinzelt von KI-Unterstützung. Dennoch gibt es erste erfolgreiche Anwendungen: So setzt etwa Estée Lauder KI ein, um blitzschnell neue Verbrauchertrends zu erkennen und passende Produkte aus dem Sortiment diesen Trends zuzuordnen – dadurch kann der Kosmetikkonzern deutlich schneller als früher auf plötzlich steigende Nachfragen (etwa nach bestimmten Farbnuancen) reagieren. Auch in anderen Branchen entstehen Pilotprojekte: In der Rückversicherungsindustrie wird erforscht, wie Generative AI das Erstellen von Szenarien beschleunigen kann, indem in Minuten dutzende Zukunftsnarrative generiert werden – ein Prozess, der traditionell viele Wochen dauert. Solche Beispiele illustrieren das Potenzial: KI kann schwache Signale in riesigen Datenmengen erkennen, Szenario-Entwürfe in Rekordzeit erstellen und damit Foresight-Teams entlasten. Unternehmen, die heute schon darauf setzen, berichten von handfesten Vorteilen. So ergab die oben erwöhnte AWS Studie unter deutschen KI-Anwendern, dass 96 % dieser Firmen Umsatzsteigerungen von durchschnittlich 34 % erzielen konnten und vier von fünf eine deutliche Produktivitätssteigerung verzeichnen – vor allem durch schnellere Analysen und automatisierte Prozesse.

Warum nutzt dann nicht längst jedes Unternehmen KI für die Zukunftsplanung? Mehrere aktuelle Studien decken hier Hindernisse und kulturelle Barrieren auf:

  • Interne Vorbehalte und Kultur: Einer BCG-Erhebung nach zählen bei 71 % der Unternehmen kulturelle Widerstände zu den Hauptproblemen bei der KI-Einführung. Viele Mitarbeiter stehen der Automatisierung skeptisch gegenüber oder fürchten um ihre Jobs. Ohne eine offene Innovationskultur bleibt Foresight-KI oft im Experimentierstadium stecken.

  • Mangel an Skills und Strategie: Der Fachkräftemangel ist laut Bitkom/AWS für 35 % der Firmen das größte KI-Hindernis – es fehlen Expert:innen, die Daten analysieren und KI-Modelle trainieren können.  Zudem fehlen in vielen Häusern klare Fahrpläne: Nur 31 % der Unternehmen verfügen überhaupt über eine definierte KI-Strategie, Gartner berichtet, dass bislang rund 47 % aller KI-Initiativen nicht über Pilotprojekte hinauskommen – oft, weil es an Change-Management und Umsetzungskompetenz mangelt.

  • Vertrauen, Ethik und Regulierung: Etliche Entscheider zögern aufgrund rechtlicher und ethischer Unsicherheiten. In der oben verlinkten KPMG-Studie nannten 68 % der befragten Unternehmen ethische Bedenken (von Bias bis Verantwortung) als große Herausforderung, gefolgt von Compliance-Fragen (52 %). 63 % der Firmen fühlen sich laut der AWS Daten zudem vom kommenden EU AI Act überfordert – unklare Vorgaben bremsen die Investitionsbereitschaft. Solche Faktoren führen dazu, dass KI in sensiblen Bereichen der Strategieplanung mit Vorsicht implementiert wird.

Fazit: Der Einsatz von KI im Strategic Foresight ist 2024/25 zwar noch keine Selbstverständlichkeit, aber die Weichen sind gestellt. Immer mehr Unternehmen erkennen die Chancen der KI-gestützten Vorausschau, getrieben durch den Generative-AI-Schub und erste Best-Practice-Beispiele. Zugleich zeigt sich: Für einen echten Durchbruch müssen Organisationen kulturelle Hürden abbauen, Mitarbeiter mitnehmen und Vertrauen in KI entwickeln. Die Richtung ist klar – KI gehört als integraler Bestandteil in jede zukunftsorientierte Strategie. Noch nutzen erst wenige die neuen Möglichkeiten voll aus, doch der Druck steigt: Wer heute beginnt, KI intelligent in Trendanalyse, Szenarioplanung und Strategieentwicklung einzubinden, verschafft sich einen Vorsprung in der Antizipation von Zukunftsszenarien – und damit einen strategischen Vorteil für die Welt von morgen.

Konkrete Handlungsempfehlungen für Entscheider:innen

Abschließend wollen wir praxisnah werden: Was können Führungskräfte heute tun, um KI-gestützte Zukunftskompetenz in ihrer Organisation zu verankern? Hier zehn konkrete Empfehlungen, journalistisch verdichtet:

  1. Foresight zur Chefsache machen: Etablieren Sie Strategic Foresight fest in den Führungsprozessen. Richten Sie z. B. vierteljährliche Zukunftsreviews im Vorstand ein, in denen KI-gestützte Analysen zu Trends, Risiken und Chancen diskutiert werden. Wichtig: Geben Sie diesem Thema formale Priorität (Agenda-Time, Budget, Visibility), damit es gegen das Tagesgeschäft besteht.
  2. KI-Tools für Foresight evaluieren: Verschaffen Sie sich einen Überblick, welche KI-gestützten Plattformen und Werkzeuge verfügbar sind (z. B. für Horizon Scanning, Scenario Generation, Predictive Analytics). Pilotieren Sie ein Tool in kleinem Rahmen, z. B. einen KI-Futurist Chatbot in der Strategieabteilung, und sammeln Sie Erfahrungen. Halten Sie dabei die Erwartungen realistisch: KI ist ein Assistenzsystem, kein Entscheidungsautomat.
  3. Diverse Teams aufstellen: Bilden Sie interdisziplinäre Foresight-Teams, in denen Datenwissenschaftler, Fachexperten, Innovationsmanager und ggf. Ethik-Experten gemeinsam arbeiten. So stellen Sie sicher, dass KI-Erkenntnisse aus verschiedenen Blickwinkeln interpretiert werden. Inkludieren Sie – wo sinnvoll – auch externe Stakeholder (Partner, Kunden) in Szenarioworkshops, um blinde Flecken zu vermeiden.
  4. Datenbasis aufbauen: Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen die nötigen Daten (intern wie extern) hat, um KI-Modelle für Foresight zu füttern. Oft scheitern Vorhersagen, weil Daten in Silos liegen oder historisch verzerrt sind. Investieren Sie in Dateninfrastruktur und -qualität als Grundvoraussetzung. Zugleich: Nutzen Sie externe Datenquellen, etwa Open Data oder Zukauf von Trenddaten, um ein umfassendes Radar zu speisen.
  5. Schnelle Szenarioloops üben: Führen Sie im Führungskreis kleine „Scenario Sprints“ durch. Beispiel: Was wäre, wenn ein neuer KI-Wettbewerber plötzlich in unseren Markt eintritt? Lassen Sie KI dazu in Stundenfrist ein paar Szenarien skizzieren, diskutieren Sie Implikationen und mögliche Antworten. So trainieren Sie den Umgang mit Uncertainty und machen Zukunftsdenken zur Routineübung – ähnlich wie Brandschutzproben, aber für strategische Überraschungen.
  6. Entscheidungsprozesse anpassen: Integrieren Sie KI-Erkenntnisse systematisch in Ihre Entscheidungsfindung. Das kann bedeuten: Jeder Investitionsantrag ab einer bestimmten Summe muss ein Abschnitt „Long-Term Impact“ enthalten, idealerweise untermauert durch KI-Analysen. Oder: Bei jeder größeren Strategieentscheidung fragt der CEO gezielt „Was sagen unsere Zukunftsmodelle dazu?“. So verankern Sie die Zukunftsperspektive als selbstverständlichen Teil des Geschäftsalltags.
  7. KI-Kompetenzen fördern: Schulen Sie Ihr Management und Schlüsselfunktionen in den Möglichkeiten (und Grenzen) von KI in Strategieprozessen. AI Literacy muss bis in die Führungsetage reichen, sonst bleiben Tools ungenutzt. Ziehen Sie externe Foresight- und KI-Experten hinzu, machen Sie inspirierende Workshops, nutzen Sie vielleicht sogar Experiential Futures (erlebbare Zukunftsszenarien), um ein Gespür für die Materie zu wecken.
  8. Kultur und Anreizsystem justieren: Überprüfen Sie, ob Ihre Unternehmenskultur zukunftsfreundlich ist. Werden Vordenker belohnt oder gebremst? Schaffen Sie eine Atmosphäre, in der das Ausprobieren von Neuem honoriert wird – z. B. durch einen „Futures Award“ für Teams, die proaktiv Trendchancen identifizieren. Passen Sie Anreize an: etwa Bonus-Komponenten für das Erreichen von strategischen Zukunfts-Meilensteinen, nicht nur für Quartalszahlen. Denn Mitarbeiter richten ihr Verhalten stark nach dem aus, was honoriert wird.
  9. Netzwerke nutzen: Schließen Sie sich mit anderen zusammen – kein Unternehmen muss die Zukunft allein vorhersagen. Branchen-Foresight-Verbünde, Kooperationen mit Think-Tanks, Uni-Institute oder Innovationsnetzwerke können helfen, Ressourcen zu teilen und voneinander zu lernen. Etwa gemeinsame Threatcasting-Workshops auf Verbandsebene oder das Teilen von non-kompetitiven Daten für KI-Modelle (z. B. zu Nachhaltigkeitstrends).
  10. Klares Ethik- und Governance-Rahmenwerk schaffen: Last but not least – definieren Sie Leitlinien, wie KI im strategischen Kontext eingesetzt wird. Legen Sie fest, wer Verantwortung trägt, wie mit Unsicherheiten umzugehen ist, und wann menschliches Urteil KI-Entscheidungsvorschläge überstimmen darf oder soll. Transparenz ist wesentlich: Dokumentieren Sie Annahmen, auf denen KI-basierte Vorhersagen beruhen (z. B. Szenarioparameter). Nur mit Vertrauen in die Methodik wird Ihr Führungsteam KI-Erkenntnisse wirklich ernst nehmen und danach handeln.

Diese Liste ist natürlich nicht abschließend, aber sie bietet einen Rahmen, wo anzusetzen ist. Im Kern lautet die Empfehlung: Machen Sie Ihre Organisation heute „future ready“, indem Sie KI intelligent in die strategische Führungsarbeit integrieren. Dabei geht es nicht um hektischen Aktionismus, sondern um systematischen Aufbau von Fähigkeiten. Strategic Foresight und KI zusammen geben Unternehmen ein mächtiges Instrument an die Hand – fast eine Zeitmaschine, um im Voraus zu lernen. Doch die Maschine nützt nur denen, die sie auch einschalten und steuern können.

Fazit: Mut zum langfristigen Denken – mit KI als Verbündetem

Alle drei Teile dieser Serie laufen auf einen gemeinsamen Appell hinaus: Entscheider:innen sollten den Mut haben, langfristig zu denken und zu handeln – und KI bewusst als integralen Verbündeten auf diesem Weg einsetzen. Es reicht nicht, KI irgendwo in der IT-Abteilung oder im Marketing werkeln zu lassen. Die wirklich transformativen Effekte entfaltet sie erst, wenn sie zum Bestandteil der strategischen Zukunftsintelligenz eines Unternehmens wird.

Das bedeutet, technologische, kulturelle und strategische Veränderungen Hand in Hand voranzutreiben. KI kann helfen, Zukunftschancen klarer zu sehen, Innovationen kühner zu gestalten und Entscheidungen vorausschauender zu treffen. Aber sie stellt auch neue Anforderungen an Führung: Offenheit für Wandel, Bereitschaft zu lernen, interdisziplinäre Zusammenarbeit und ein Wertekompass, der technologische Möglichkeiten verantwortungsvoll leitet.

In einer Welt, in der sich die Spielregeln immer schneller ändern, gewinnt, wer das Spiel aktiv mitgestaltet, statt nur auf Züge anderer zu reagieren. Strategic Foresight und KI geben den Topentscheider:innen von heute die Werkzeuge, um genau das zu tun. Nutzen wir sie – mutig, klug und mit langem Atem. Dann werden wir in zehn Jahren auf diese Dekade blicken und sagen können: Wir haben die Weichen richtig gestellt. Die Zukunft gehört den Vorausdenkenden. Gerne untertützen wir Sie dabei.

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